Donnerstag, 27. November 2014

Überpapst


Diesmal geht es nicht um Sprachliches; Der Beitrag ist off topic, wie der Deutsche sagt.
Kürzlich hörte und sah und ich mir auf Youtube eine Aufnahme der Tannhäuser-Overtüre an. Da bemerkte ich im Publikum an herausgehobener Stelle eine kleine weiße Gestalt. Voller Freude erinnerte ich mich: Ich hatte diese Aufnahme schon einmal gesehen, vor einigen Jahren im Fernsehen. Es war eines der großen Bildschirmerlebnisse. Dem frischgebackenen bayerischen Papst gaben die Münchner Philharmoniker ein Konzert. Der Hl. Vater saß auf einem Thron mitten drin, um ihn herum ein Ring rotmütziger geistlicher Würdenträger, um oder unter diesen ein weiterer Ring, und zwar aus weltlichen Würdenträgern. Unter ihnen war Otto Schily, damals Minister einer Republik; er kauerte wie ein Hofschranze zu Füßen des Kirchenfürsten und nährte so meine Zweifel an seiner Verfassungstreue. Dann kam ein gehöriger Abstand, dann die Masse des Publikums.
Nun trat Christian Thielemann ans Pult. Straff aufrecht, federnden Schrittes, ein Herr von der Halsbinde bis zu den Frackschößen, wie es ihn heute nicht mehr gibt, bzw. eben nur noch in diesem einen Exemplar. Eine gebieterische Geste mit der Linken, die Rechte hob den Taktstock, alles duckte sich, Musiker und Publikum, und auch Herr Ratzinger. Man spürte: Es gab einen Stellvertreter des Allerhöchsten im Saal, aber das war jetzt nicht er.
Und mit dem, dem Allergrößten auf Erden, habe ich schon mehrmals zusammen gespeist, ja, man könnte fast sagen: pflege ich zusammen zu speisen! Zwar an verschiedenen Tischen, aber doch im Garten des gleichen Restaurants, eines Ausflugslokals in der Nähe von Bayreuth, wo er alljährlich während der Festspiele zu logieren geruht. Höher kann ich in diesem Leben nicht mehr steigen. Oder vielleicht doch? Er trägt kurze bunte Hosen wie ein deutscher Tourist in einer italienischen Kirche und sieht viel kleiner aus als am Pult. Ob ich ihn einfach mal anspreche, vielleicht sogar duze?

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