„Als Künstler
werden heute meist die in der Bildenden Kunst, der Angewandten Kunst, der Darstellenden Kunst sowie der Literatur und der Musik kreativ tätigen Menschen bezeichnet, die Kunstwerke schaffen.“ (Wikipedia, 14.1.12)
Man wird das erst für einen Zirkel halten; aber es muß keiner sein. Es wäre ja möglich, daß „Kunstwerk“ nicht
definiert wird als das, was Künstler schaffen, sondern unabhängig vom Begriff
des Künstlers. Zudem legt die Formulierung nahe, daß es auch nicht-kreative Menschen gibt, die Kunstwerke schaffen. – Bewundernswert ist, daß es unser Autor überhaupt geschafft hat, das
Wort „kreativ“ unterzubringen. Das war notwendig, um dem Zeitgeist oder der Pflicht zu modischem
Geschwätz Genüge zu tun. Immer häufiger findet man in letzter Zeit „die
Kreativen“ als Synonym für „die Künstler“. Nun gibt es aber zugleich, und in
rasender Zunahme begriffen, auch andere Kreative, z. B. die kreativen Wilden (die
kommen in NRW vor, haben irgendwas mit Politik zu tun), die kreativen Strolche,
die kreativen Botschafter, die kreativen Spezialisten mit guter Laune, die
kreativen Mitdenker, die kreativen Zerstörer, und zwar im Manager-Magazin, und
sogar kreative Industrien gibt es, was vielleicht ein neues Wort für Kulturindustrie
ist und in diesem Fall mit Künstlern nichts zu tun haben kann, wie man seit
Adorno weiß. Vor 50 Jahren gab es in Bayreuth (ich lebte damals dort) gar keine
Kreativen, wenn ich mich richtig erinnere, zumindest ist mir keiner
aufgefallen und die Zeitungen schrieben auch nichts oder nur sehr wenig über sie. Jetzt wimmelt es dort nur so von ihnen.
„Ursprünglich wurde der Begriff Kreativität als
Bezeichnung für alle Arten von schöpferischer Tätigkeit verwendet.“ (Wikipedia,
Stichwort Kreativität) Heute nicht mehr, denn „Kreativität besteht in der Neukombination von
Informationen“ (ebd.), so daß also beispielsweise auch ein Journalist kreativ genannt
werden könnte, und das wird ja doch keiner wollen.
Übrigens, „schöpferisch“
habe ich mit „Google“ ca. 390.000 mal gefunden, "kreativ" ca. 37 Millionen mal. Wahrscheinlich
mag man „schöpferisch“ nicht mehr sagen, damit man nicht in den Verdacht gerät,
ein religiöser Mensch, der an den Schöpfer glaubt, zu sein, und das gilt ja
irgendwie als old-school oder old-fashioned oder so ähnlich. Daß creator auch in der Bibel steht und
Schöpfer heißt, scheint man vergessen zu haben.
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